Samstag, 7. Mai 2011

Wirtschaftsindikatoren handeln - Zinsentscheidung & Inflation

In diesem Tutorial befasse ich mich mit der Auswirkung von Leitzinserhöhungen und der Inflation.
Wie kann der Anleger von steigenden oder fallenden Leitzinsen profitieren? -
Was ist an der Inflation so schlimm? und - Was bedeutet eigentlich ein niedriger bzw. hoher Leitzins?

Diesen Artikel schrieb ich mitte März, nachdem Herr Jean-Claude Trichet indirekt eine Leitzinserhöhung der europäischen Zentralbank bekräftigte und damit ein sehr sicheren Trade möglich machte. Leider existierte zu der Zeit noch kein Blog meinerseits und somit lag dieser Artikel längere Zeit in einem Ordner.

Grundlegendes

Der Leitzins ist ein geldpolitisches Instrument einer Zentralbank zur Steuerung des Geld- und Kapitalmarkts. Diese dient dazu in einem Konjunkturabschwung der Wirtschaft günstig liquide Mittel anzubieten und in der Hochkonjunktur umgedreht Geld zu entziehen, um einer Überhitzung entgegen zu wirken.

Bei einem aktuell niedrigen Zins erleben wir verstärkte Investitionen und mit großer Wahrscheinlichkeit einen Wirtschaftsboom. Dies führt dazu das die Inflationsrate steigt.
Inflation bedeutet lateinisch soviel wie „sich aufblasen“ und meint nichts anderes als, dass die Preise für Güter steigen. Zur Messung dieses Ereignisses wird der sog. Verbaucherpreisindex (VPI)  herangezogen. Dieser enhält detaillierte Informationen über das Konsumverhalten der Wirtschaftssubjekte. Was wurde also tatsächlich gekauft!?

In der Europäischen Union liegt die Inflationsrate aktuell bei 2,4 Prozent, Tendenz steigend. 
Die Inflation führt zu einer Geldentwertung und damit zu einer verringerung der Kaufkraft.

Um dem Effekt der steigenden Inflation entgegen zu Wirken kann die Zentralbank die Zinsen anheben. Bei  einem steigenden Zinssatz wird dem Wirtschaftskreislauf Geld entzogen und damit steigt der Wert des im umlaufbefindlichen Geldes.

Dies hat jedoch auch zur Folge, dass die Kreditzinsen teurer werden und die Verzinsung am Geldmarkt steigt. Es kann dazu führen, dass Wirtschaftssubjekte sparen müssen um die Kosten durch steigende Kreditzinsen finanzieren zu können. Die steigendenen Zinsen wiederum machen festverzinsliche Geldanlagen wie Sparbücher aktraktiver.
Durch das Sparverhalten werden die Verbraucher jetzt weniger Ausgaben tätigen und die Verkäufe der Unternehmen gehen zurück, was letztendlich zu sinkenden Aktienkursen führen kann.
Der ganze Kreislauf schließt sich letztendlich darin, dass die Unternehmen sich "entschlacken" und Arbeitnehmer entlassen. In dieser Folge wird das Sparverhalten dadurch verstärkt, dass die neuen Arbeitslosen Aktien verkaufen um Geld für den Lebensunterhalt zur Verfügung zu haben.

Eine Leitzinsveränderung kann also eine ganze Reihe von Veränderungen bringen.

Wie kann ich nun davon profitieren?
Anleihen - Der Preis einer Anleihe wird maßgeblich beeinflußt durch die höhe des Zinskupons, die Laufzeit und die Effektivrendite. Die ersten 2 Kriterien lassen wir hier außen vor.
Wir konzentrieren uns daher auf die Effektiverendite.  Anleihen werden i.d.R. zum Nominalwert von 100% vergeben. Dieser Wert schwankt bei einer Veränderung des Marktzinses. Auf die Berechnung der Effektivrendite wird an dieser Stelle verzichtet, denn es ist auf den entsprechenden Brokerage Websiten einsehbar. (Beispiel Maxblue)
Der Marktzins wird durch den EURIBOR täglich angepasst und weißt in der Regel geringe Veränderungen auf. Steigt jedoch der Leitzins wird der Marktzins ebenfalls steigen. Es kommt hier zu einer Anpassung der Effektiverendite, indem der Wert der Anleihe fällt, da der Kupon der Anleihe nicht verändert werden kann. Warum fällt der Wert der Anleihe? Ein Beispiel - der Zinskupon einer festverzinslichen Anleihe Beträgt 5 Prozent. Der Marktzins beträgt ebenfalls 5 Prozent. Nun steigt der Leitzins und in Folge dessen der Marktzins auf Bspw. 6 Prozent. Kein Anleger ist jetzt bereit die alte Anleihe für 100 Prozent Nominalwert zu kaufen, wenn er am Markt deutlich bessere Zinsen erhält. Der Kaufpreis der Anleihe muss also sinken.
Aus dem gleichen Grund wird der Wert der Anleihe sinken, wenn die Inflationsrate steigt. Anleger fragen sich ob ihre mit 5 Prozent verzinste Anleihe in 3 Jahren auch wirklich 5 Prozent Wert sein wird. Da die empirische Nachweisbarkeit der Inflation eher langfristiger Natur ist, kann man kein unmittelbaren Nachweis zur Veränderung bringen. Allerdings werden Inflationsraten monatlich veröffentlicht, sollte es hier eine starke Abweichung im Sinne von steigender Inflation geben, werden Sie mithin deutliche Kursabschläge an diesen Tag verzeichnen.
  • Ist der Zins aktuell hoch, lohnt es sich Langläufer zu kaufen. D.h. ich erwerbe mir eine festverzinsliche Anleihe mit einer Laufzeit >10 Jahre.
  • In Niedrigzinsphasen sollte man wenn überhaupt, in Kurzläufer investieren, also Anleihen mit einer Laufzeit von max. 2 Jahren 
  • Veränderungen: Als die EZB ankündigte den Leitzins zu erhöhen, hätte man eine variabel verzinste Anleihe erwerben können, da sich der Wert nach oben anpasst. Anleihefinder
*zu Anleihen erfolgt eine ausführliche Abhandlung.


Währung - Anders könnte man aber auch etwas spekulativer auf eine Veränderung des Marktzinses setzen. Eine Leitzinserhöhung lässt den Euro steigen, denn sie wirkt gegen die Inflation und damit steigt der Geldwert des Euros. Dies gilt natürlich auch für andere Währungen in anderen Ländern. Würde die Federal Reserve Bank ihrerseits den US-Leitzins erhöhen, würde natürlich der Dollar steigen und dies den Euro mit Sicherheit unter Druck setzen.
Man kann sich direkt Optionsscheine auf den Euro kaufen. Je nachdem, welche Risikoneigung man hat und welche Erwartung über die Kursentwicklung. Sie können mit einem "Call Optionsschein" auf steigende Kurse wetten und mit "Put Optionsscheinen" auf fallende Kurse.

So hätte man nach der Äußerung von Trichet einen Call Optionsschein auf den Euro erwerben können. Dies war sowohl aus damaliger als auch heutiger Sicht eine sehr sichere Wette.

Und tatsächlich bis letzten Montag stieg der Wert von diversen Optionsscheinen deutlich um mehrere hundert Prozent an. Wie man unschwer erkennen konnte setzte der Euro nach der EZB Ankündigung seinen Aufwärtstrend rapide fort und wurde erst Ende April auf den Boden der Tatsachn zurück befördert. Hier verkündete die EZB nämlich, dass sie vor erst keine weitere Zinserhöhung vorsieht.

Ausblick
Auf der Pressekonferenz am Donnerstag verkündete die EZB, dass sie vor erst keine weitere Zinserhöhung vorsieht. Der Euro fiel von 1,48 auf 1,43 US-Dollar. Das zeigt sehr deutlich, dass der Euroboom nur wegen der Leitzinserhöhung geschah und keinen fundamentellen Hintergrund hatte. Wie auch bei der gegenwärtigen Eurokrise. Vermutlich wird der Euro in der nächsten Zeit weiter stark an Wert verlieren. Aktuell wird angeblich von einem Austritt Griechenlands geredet, sollte dies der Fall sein, dürfte der Euro in naher Zukunft sprichwörtlich ins Bodenlose fallen. Es ist erst einmal von einer Investition in den Euro abzuraten.

Eine empirische Untersuchung zum Thema Marktzins und Inflation findet sich auf der Website der deutschen Bundesbank (pdf).



Zur Verfügung gestellt von: Forex Pros dem Aktien Portal

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